Turmfalken (Falco tinnunculus) und Schleiereulen (Tyto alba), beides Bewohner des offenen Mittellandes, sind auch im Thurgau heimisch. Beide Vogelarten sind auf der Roten Liste der Schweizer Brutvögel als potenziell gefährdete Arten aufgeführt und gehören zu den 50 Prioritätsarten, die mit besonderen Massnahmen gefördert werden sollen. Seit 2002 läuft in der Schweiz ein durch die Vogelwarte koordiniertes Förderprogramm, bei welchem auch BirdLife Thurgau seit 2012 aktiv mitmacht. Zusammen mit unseren Sektionen kontrollieren und pflegen wir gegen 300 Schleiereulen- und Turmfalkenkästen im ganzen Kanton. Die erfreulichen Bestandsentwicklungen der letzten Jahre konnten sich weiter fortsetzen (Abbildung 1). Die Anzahl Brutpaare des Turmfalken bewegt sich weiterhin zwischen 60-70 Brutpaaren. Die Schleiereule ist mit 8 -14 Brutpaaren zwar weiterhin eine sehr seltene Art im Kanton Thurgau, erfreulicherweise hat sie aber im Jahr 2020 einiges an Areal dazugewonnen. Während in den letzten Jahren der Schwerpunkt der Bruten in der Region Frauenfeld lag, verteilten sich dieses Jahr die Schleiereulenbruten über die gesamte Region zwischen Nussbaumersee, Herdern, Steckborn, Frauenfeld, Weinfelden und Altnau. Und zum ersten Mal seit vielen Jahren fand auch wieder eine Brut in der Region Amriswil statt.
Die mittlere Gelegegrösse lag beim Turmfalken im Jahr 2019 bei 4.6 Eiern, was vergleichbar ist mit dem gesamtschweizerischen Mittelwert von 3.9 – 5 Eiern pro Brut (Laesser et al. Abbildung 1. Anzahl Brutpaare im Thurgau. 2020). Von diesen Eiern schlüpften im Mittel 4.5 Nestlinge und 4.4 überlebten bis zum Ausfliegen (Abbildung 2). Verluste zwischen der Eiablage und der Beringung der Küken kommen bei Turmfalken oft vor. Die mittlere Produktivität pro Brut liegt gesamtschweizerisch betrachtet zwischen 2,73 und 4,26 flüggen Jungvögeln (Laesser et al. 2020). Die Daten vom Thurgau stellen also einen guten Bruterfolg für die Turmfalken dar. Bei den Schleiereulen lag die mittlere Gelegegrösse bei 5.9 Eiern im 2019 (gesamtschweizerischer Mittelwert 5.28 Eier, Laesser et al 2020), wo- von 4.7 im Mittel schlüpften und 4.3 bis zum Ausfliegen überlebten (Abbildung 2). Die Bruten und Jungvögel werden aber von den freiwilligen Mitarbeitern nicht nur gezählt, wir versuchen auch, so viele Jungvögel wie möglich zu beringen. Wenn ein beringter Vogel an einem anderen Ort wieder gefangen wird, erlaubt dies unter anderem Rückschlüsse auf das Alter, die Überlebenswahrscheinlichkeit und das Ausbreitungsverhalten der Tiere.
Auch aus dem Thurgau gibt es immer wieder spannende Ringfundmeldungen. So wurde dieses Jahr ein Schleiereulenweibchen, welches im Jahr 2016 als Nestling in Altnau beringt wurde, in der Region Genf, 275km vom Geburtsort entfernt, brütend aufgefunden. Ein Turmfalke hatte weniger Glück. Er wurde im Jahr 2017 in Herdern als Nestling beringt und wurde dieses Jahr 236 km entfernt in Italien tot aufgefunden. Diese beiden Beispiele zeigen, dass unsere Thurgauer Vögel weit herumreisen und dass Fördermassnahmen immer auf einer grossen regionalen Skala stattfinden sollten.
Auszug aus dem Jahresbericht 2020 (Text: Bettina Almasi).